Aus meinen Erinnerungen „Splitter einer Kindheit am Ende des 2. Weltkrieges“
Es war Dezember 1944 nach dem Großangriff auf Freiburg/Brsg.
Mein totkranker Vater war im Frühjahr verstorben.
Meine völlig zermürbte Mutter wollte ihre zwei jüngsten Kinder von 8 im Norden in Sicherheit bringen, wo meine älteste Schwester Maria verheiratet war.
Dieses Kunststück sollte meine Schwester vollbringen. Meine Mutter hatte großes Zutrauen zu ihrer Tochter Line.
Daß wir -zwei kleine Kinder und eine kleine große Schwester- überhaupt ankamen, erschien mir später wie ein Wunder. Total mit Soldaten überfüllte Züge, Fliegeralarme und Nächte in riesigen Luftschutzbunkern. Wir lagen wie die Heringe auf dem Betonboden.
Irgendwann kamen wir tatsächlich an, verdreckt, hungrig, müde, mit Läusen in den Haaren. Wir hatten nur noch die Lumpen, die wir auf dem Leibe trugen. Der Schließkorb mit Kleidern, Bettsachen und Eßsachen war nie angekommen.
Heute staune ich, wie diese kleine Person die Energie aufbrachte, uns zwei kleine Kinder ausgerechnet vom Schwarzwald an die Nordseeküste zu transportieren, wo es doch auf dieser Strecke pausenlos Bombenangriffe gab und nichts mehr normal funtionierte.
Offensichtlich können Menschen, Frauen, in Grenzsituationen angeahnte Kräfte in sich mobilisieren, wie es, und nicht nur damals einer ganzen Generation abverlangt wurde. Auch die Schutzengel hatten viel zu tun.
Ich wünsche mir, daß die Schutzengel meine Schwester Line zur ewigen Ruhe geleiten,wo sie die Eltern und 6 Geschwister schon erwarten.